Nun, botanische Malerei ist wirklich eine Sache für sich.
Als ich mich dafür entschieden hatte, hatte ich definitiv nicht das einfachste Thema gewählt. Ich bin sehr blauäugig und enthusiastisch an dieses Thema herangegangen. Geistig sah ich mich schon wie Maria Sibylla Merian durch die Welt reisen und wunderschöne und perfekte botanische Gemälde malen.
Traum vs. Realität
Um die schlechte Nachricht gleich vorweg zu nehmen: Botanische Malerei ist schwer zu lernen, denn hier geht es um feinste Detailarbeit und akkurate Maltechnik. Künstlerische Freiheit ist begrenzt möglich, denn eine abstrakte Darstellung einer Pflanze ist keine Botanische Malerei. Eine Pflanze akkurat darzustellen kannst Du nicht an einem Wochenendkurs lernen kann. Dazu ist ein botanisches Basiswissen ist ein Muss, dies gilt es ebenfalls zu erlernen – neben der Maltechnik.

Wie erlerne ich botanische Malerei?
Suchst Du im Internet nach Botanischer Malerei, wirst Du von fantastischen Kunstwerken überwältigt, die so perfekt aussehen, dass sie eine Fotografie sein könnten. Als ich meine ersten Versuche startete, schaute ich in mein Skizzenbuch und dachte nur: „Na, wenigstens sieht man, dass es eine Blume ist.“
Erstmal tief durchatmen und Tee trinken. Wenn Du Deine ersten Versuche mit den Bildern aus dem Internet vergleichst, wirst Du schnell das das Gefühl bekommen, dass Du gar nicht Malen kannst und am besten gar keinen Pinsel mehr anzufassen solltest, da sonst schlimme Dinge passieren könnten.
Ich startete mehrere Online-Kurse, kam dann zu dem 6 Wochen Kurs Natural History Illustration der Newcastle University – und landete am Ende beim London Art College, wo ich dann mit Diplom den Kurs Botanical Painting abschloss. Ich habe seitdem sehr viel gelernt. Ich habe viele schreckliche Bilder gemalt, viele Technikfehler gemacht und auch das eine oder andere Examen versiebt. Nur weil ich jetzt ein Diplom in der Tasche habe, heißt es noch lange nicht, dass ich ein Profi in der Botanischen Malerei bin. Es ist erst der Anfang – also: entspannen wir uns.
Profis, alte Meister und das Problem von copy-paste Kursen – worüber niemand spricht
Ich habe auch eine gute Nachricht an Dich: Du bestimmst Deinen Weg – und Du solltest Dich dabei gut informieren, wie Du Dein Geld am besten anlegst. Das gilt nicht nur für Deine Materialien, sonder auch für deine Ausbildung.
Möchtest Du botanische Malerei lernen, dann musst Du Zeit und Geld investieren:
- in gute Arbeitsmaterialien (Papier, Farben)
- in gute Bücher (Pflanzenbestimmung, Maltechnik, alte Meister)
- in guten Unterricht (Botanik, Botanische Malerei)
Unterricht
Durch das Internet und die Pandemie hat sich das System den Online Lernen wirklich bewährt. Aber nicht jeder Onlinekurs der sich Botanisches Malen nennt, ist auch wirklich echtes botanisches Malen. Deswegen lohnt es sich nach Kursen von Profis umzusehen, die lange Jahre als botanische Maler oder als Natural History Illustratoren arbeiten. Oft werden Starterkurse angeboten, auch mal Schnupperkurse. Wenn Du die Möglichkeit hast, wähle einen Kurs, wo Dein Mentor Dir persönlich Feedback zu Deiner Malerei gibt.
Das ist ein unglaubliche Bereicherung und wird Dich in Deiner Entwicklung unglaublich unterstützen.
Guter Unterricht zeichnet sich dadurch aus, dass die Basics wie das akkurate Zeichnen des Subjekts genauestens erklärt wird. Farbe ist erst mal zweitrangig, das korrekte Setzen von Licht und Schatten, das Zeichnen von Form und Struktur sollte ausgiebig erklärt und erörtert werden.
Was ich Dir nicht empfehlen kann, sind sogenannte copy-paste Kurse, d.h. ein Künstler malt ein Bild und Du versuchst es in einem step-by-step Tutorial nachzumalen. Meist wird über das Zeichnen überhaupt nicht gesprochen, da gibt es meistens eine Möglichkeit zum Download der Rohzeichnung des Künstlers, die man als Vorlage verwenden kann, um gleich mit Farbe loslegen zu können.
Das sind Kurse, die sicher bis zu einem gewissen Punkt lehrreich sind, aber Du solltest Deine Maltechnik unabhängig von einer anderen Person entwickeln. Das kann Dir so ein Kurs nur eingeschränkt bieten, weil Du immer beim Malen von dem nächsten Schritt des Lehrers abhängig bist. Ich habe anfangs diese Kurse gemacht und ich kam immer wieder an den Punkt, dass mir wichtige Basics fehlten, weil sie einfach im Video nicht gezeigt wurden. Wenn persönliches Feedback des Lehrer in diesem Kurs möglich ist, ist dies etwas anderes, aber wenn man sich nur bedingt austauschen kann, ist es schwierig.
Alte und neue Meister – Museen und Ausstellungen
Sehr hilfreich ist auch das Studieren alter und neuer Meister. Wie haben diese Leute eigentlich gemalt? Wenn Du die Möglichkeit hast in einem Museum oder einer Ausstellungen botanische Gemälde zu bewundern, dann tu es so oft es geht. Es gibt Dir einen anderen Blickwinkel auf Deine Arbeit.
Gerade als ich an einem Punkt war, wo ich sehr frustriert über meine malerische Entwicklung war, habe ich mir eine Auszeit im Museum genommen. Ich habe mir die alten Meister angeschaut, die Details in den Gemälden studiert. Auch wenn es im botanischen Malen strenge Regeln gibt, sieht man auf den Originalen der Meister auch Regelbrecher. Das hat mich etwas anders an meine Gemälde rangehen lassen, ich konnte über meinen Tellerrand hinausblicken. Gerade wenn man ein berühmtes Gemälde im Orignial sieht ist es sehr inspirierend – und stell Dir vor: nicht alle Meister malten fehlerfrei. Im Gegenteil. Das ist irgendwie sehr beruhigend, finde ich.
Die Magie von hässlichen Bildern
Gerade am Anfang möchstest Du alles richtig machen und dann wirst Du feststellen, dass das gar nicht funktioniert. Du wirst früher oder später an den Punkt kommen, wo Dein Perfektionismus Dein Projekt sabotieren möchte. Das wird sich übrigens nie ändern – ein Künstler ist immer extrem selbstkritisch mit sich und seinem Werk.
Der beste Weg, um zu lernen, ist durch Fehler und das Erstellen einer Menge hässlicher Kunstwerke. In der botanischen Malerei ist es die Präzision, die so wichtig ist, um eine Pflanze in all ihren Details darzustellen.
Das musst Du erstmal lernen. Es ist ein bisschen wie einen Zaubertrank zu brauen: um ein botanisches Gemälde zu schaffen, benötigst Du folgende Zutaten:
- ein genaues Auge, um alle Details zu erfassen
- eine gutes Notizsystem, für Deine Dokumentation
- eine geübte Zeichentechnik
- Materialwissen (Farbtheorie)
- eine routinierte Maltechnik
Skizzenbücher = Arbeitsbücher
Ein wichtiges Werkzeug des botanischen Malens ist das Skizzenbuch. In meinem Fall ist mein Skizzenbuch auch ein Arbeitsbuch, wie mein Natur Journal. Ich notiere alles, was mir zu meinem Motiv einfällt. So entsteht nicht nur eine Skizze im Buch, sondern auch ein Arbeitsplan des Gemäldes. Ein Skizzenbuch darf Fehler enthalten, das ist wichtig für die weitere Entwicklung. Wir sind nicht an einer Kunstakademie, die uns eine schlechte Note für hässliche Skizzenbücher gibt. Du kannst verschiedene Materialien verwenden, wie z. B. Fineliner, Filzstifte, Buntstifte, Aquarell- oder Pastellfarben. Warum nicht? Nichts hält dich auf und Papier ist geduldig.
Gibt es auch eine gute Nachricht? Ja, natürlich
Nachdem ich Dir jetzt erzählt habe, wie viel Mühe das Erlernen der botanischen Malerei macht, gibt es zum Schluss natürlich viele gute Nachrichten – unter anderem: es macht Spaß. Pflanzen mit dem Pinsel zu erkunden, ist eine Faszination für sich. Für alle Künstler, die Details lieben, ist Botanische Malerei perfekt. Wenn Du Dir selbst Zeit lässt und für Dich eine Routine entwickelt hast, wirst Du Dir immer leichter tun ein Projekt zu starten. Beginne klein und arbeite Dich Schritt für Schritt weiter, dann kann nichts schief gehen und Du kannst Deine Erfolge richtig genießen.
Viel Erfolg beim Starten!